Ein kultureller Wandel ist unerlässlich, um motivierte und engagierte Mitarbeiter jeglichen Alters anzuziehen und zu halten. Unternehmen müssen sich heutzutage nicht nur auf Zahlen konzentrieren, sondern auch auf das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter. Wenn leistungsstarke Mitarbeiter das Unternehmen verlassen, hat dies nicht nur finanzielle Konsequenzen, sondern führt auch dazu, dass Kollegen ihnen nacheifern.
«Die Unternehmenskultur lässt sich nur mit unseren Sinnen erfassen, nicht mit Zahlen.»
Auf Unternehmenswebseiten strahlen die Beschreibungen der Unternehmenskultur förmlich – als „Philosophie“ oder „Werte“ verpackt. Doch je lauter diese Parolen nach außen hin verkündet werden, desto weniger werden sie oft intern gelebt. Es ist Zeit, hinter die Kulissen zu blicken. Ich habe mit Menschen gesprochen, die frustriert sind von ihrem Job, mit echten Problemen und Hindernissen, die sogar Namen haben. Sie möchten Dinge vorantreiben, verbessern oder verändern, fühlen sich jedoch ungehört. Eigentlich sollten Vorgesetzte daran interessiert sein, ihren Mitarbeitern zu helfen, ihre Arbeit gut zu machen. Doch daran mangelt es oft. Manchmal berichten mir Menschen auch von besorgniserregenden Situationen, in denen überlastete Kollegen oder Kündigungspläne ignoriert werden. Die Verantwortlichen bekommen nichts davon mit oder wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen. Beides ist bedenklich genug. Tauchen wir ein in die verborgenen Seiten der Unternehmensrealität und entdecken wir, was sich wirklich abspielt.
Unternehmenskultur
Wo Menschen zusammenleben oder arbeiten, entsteht Kultur. In Unternehmen ist sie das Gesamtbild dessen, das wir mit unseren Sinnen erfassen können. Alles, was wir hören, sehen, spüren und gemeinsam teilen, gehört dazu. Sie umfasst den Umgangston, die Büroausstattung, die Regeln zwischen Vorgesetzten und Kollegen sowie die Frage, wer welche Aufgaben übernehmen darf. Die Kultur zeigt sich darin, was akzeptiert, kontrolliert oder bestraft wird, und wer tatsächlich die Kontrolle in diesem Umfeld hat. Der Erfolg eines Unternehmens spiegelt auch die Kultur wider und bestimmt maßgeblich, ob eine positive oder ängstliche Atmosphäre herrscht. Vorgeschriebene Parolen von oben drücken eher die gewünschte Stimmung aus als die tatsächliche Situation. Sie sind wenig aussagekräftig, da man Kultur nicht verordnen kann. Sie basiert ausschließlich auf dem Denken, der Kommunikation und dem Verhalten der Menschen, was nur begrenzt kontrollierbar ist. Jeder kennt es: Man sitzt in einem Meeting und denkt anders, als man sagt oder handelt.
«Kultur ist das, was man über dich sagt, wenn du den Raum verlässt»
Je mehr die Leitlinien des Unternehmens dem Denken, Sprechen und Handeln aller Beteiligten entsprechen, desto positiver kann die Kultur wirken. Stimmen die Vorgaben jedoch nicht mit den persönlichen Werten oder Vorstellungen überein, wird hinter vorgehaltener Hand kommuniziert. Motivationsphrasen haben wenig Einfluss auf Teams, wenn Vorgesetzte nicht nach den gewünschten Vorgaben handeln. An diesem Punkt gewinnt die Teamkultur gegenüber der Unternehmenskultur. Immer!
Teamkultur
Teamkulturen sind Subkulturen. Sie beschreiben ungefiltert die Stimmung, die in einem Team vorherrscht. Sie sind geprägt durch das Verhalten von Kollegen und massgeblich durch die Vorgesetzten und deren Führungs(un)geschick. Führen Teamverantwortliche unterstützend, fördernd und fair sanktionierend, bei ungebührlichem Verhalten von Mitarbeitenden werden sie wertgeschätzt und in ihrer Rolle akzeptiert. Führen sie nachvollziehbar, transparent und stellen sie ihre persönlichen Interessen in den Hintergrund, müssen sie lediglich Mitarbeiter mit ausgeprägten Egoismen in Schranken halten. Dies erfordert Fairness, Durchsetzungsvermögen und Überzeugungskraft und vor allem Persönlichkeit. Ein guter Leader versteht sich als ‚Ermöglicher‘. Um gut zu führen, muss man längst kein Experte mehr sein. Respekt verdient man sich, indem man seinem Team Raum und Möglichkeiten bietet, individuelle Fähigkeiten optimal einbringen zu können. Erst letzte Woche arbeitete ich mit einer jungen Frau, die im eigenen Team darum kämpft, endlich die Arbeit machen zu können, für die sie ausgebildet und eingestellt wurde. Sie braucht ihren Vorgesetzten dafür, sich für sie einzusetzen, wenn Kollegen und Abteilungen ihre Arbeit blockieren, da sie Informationen zurückhalten und nicht an die neu geschaffene Stelle abgeben wollen – wahrscheinlich aus Angst an Bedeutung zu verlieren.
Teamkultur vs. Unternehmenskultur
In jedem Unternehmen gibt es verschiedene Teamkulturen. Manche Teams übertreffen die gewünschte Unternehmenskultur bei weitem. Sie zeichnen sich aus, durch eine enge Zusammenarbeit, reibungslose Abläufe, einen hohen Lern- und Anpassungsmodus und durch eine gute Stimmung. In anderen Abteilungen fühlen sich Mitarbeiter durch Verhaltensvorgaben regelrecht verhöhnt, wenn Vorgesetzte mit ihrem untragbaren Verhalten einfach weitermachen. Sie wünschen sich die gewünschten Verhaltensvorgaben, können aber ohne einen unterstützenden Vorgesetzten nur wenig ausrichten. Da das mittlere Management nach oben einen anderen Eindruck vermittelt, ist die Hoffnung auf Veränderung gering. Selbst in flachen Hierarchien ist das ein Problem. Manchmal hat ein Teammitglied den Mut das Problem auszusprechen doch das persönliche Risiko ist gross und jeder weiss, Konsequenzen folgen selten. In Folge bleibt proaktiven ‚Aufbegehrenden‘ nur die Kündigung. Alle andern lernen, den Mund zu halten. Davon höre ich ständig.
Win-win für Mitarbeitende und für Unternehmen
Motivierte Mitarbeiter, die kontinuierlich gefördert werden und Spaß an ihren Aufgaben haben, profitieren ebenso wie das Unternehmen. Eine positive Arbeitsatmosphäre, in der Leistung anerkannt und fair entlohnt wird, führt zu hoher Mitarbeiterbindung und geringer Fluktuation. Durch den Fokus auf kontinuierliche Weiterentwicklung bleiben Mitarbeiter relevant und erfolgreich. Wer sich für seinen Job trotz Förderung und guter Stimmung nicht motivieren kann, steckt mit hoher Wahrscheinlichkeit im falschen Job fest.
Indikatoren für disfunktionale Teams können sein:
- Kündigungen
- Unzufriedenheiten
- Mangelndes Engagement
- Hohe Krankheitsraten
- Burnout von Vorgesetzten und/oder Mitarbeitenden
- Mittlere bis tiefe Performance
- Beschwerden
Für Unternehmen, die auf mitdenkende und engagierte Mitarbeitende angewiesen sind, ist es wichtig, die Art und Weise, wie Teams zusammenarbeiten, positiv zu beeinflussen. Deshalb ist es so wichtig, dysfunktionale Teams zu identifizieren und deren Teamkultur, d. h. ihr Engagement zu verändern. Nur so lässt sich eine starke Unternehmenskultur aufbauen. Von unten nach oben. Sonst bleibt es bei Floskeln, die am eigentlichen Thema vorbeigehen.